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Ökonomie der Medieninhalte.
Allokative Effizienz und Soziale Chancengleichheit in den Neuen Medien
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2.5 Finanzierungsformen der Medieninhalte

Am Medienmarkt gibt es eine so große Vielfalt von Finanzierungsarten, wie sie an keinem anderen Markt, an dem Konsumenten Güter oder Dienste erwerben, zu finden ist. Der Grund dafür liegt in den besonderen Schwierigkeiten, die die Eigenschaften von Medieninhalten für deren effiziente Vermarktung bereiten. Ausführlich werden diese Schwierigkeiten erst in Kapitel 4 zusammen mit den wettbewerbsabhängigen Wirkungen auf die Zusammensetzung des Medieninhalteangebots diskutiert. Die Darstellung der Finanzierungsformen beschränkt sich daher in diesem Kapitel auf ihre jeweiligen Funktionsweisen und unmittelbaren Wohlfahrtswirkungen. >>57<<


2.5.1 Direkte Zahlungen durch die Nutzer

Zahlungen, die in direktem Zusammenhang mit dem Erwerb oder Konsum eines Gutes stehen, sind der Normalfall an allen Märkten. Hier gilt das Prinzip der Konsumentensouveränität, und die Nachfrage des Inhaltenutzers bestimmt die Zusammensetzung des Angebots. Auch am Markt für Medieninhalte finanzieren solche Zahlungen einen Teil des Marktvolumens.


2.5.1.1 Einzelverkauf von Speichermedien

Unter Speichermedien sind alle Träger von Medieninhalten zu verstehen, welche wie Bücher oder CDs eine dauerhafte und uneingeschränkte Nutzung der Inhalte erlauben. Mit dem Kauf eines solchen Mediums erwirbt der Konsument die Möglichkeit, dessen Inhalt so oft und ausgiebig zu nutzen, wie es ihm gefällt. Der einzige Preis, den er bei der Nutzung des Medieninhalts zu zahlen hat, entspricht den Grenzkosten der Nutzung (zum Beispiel dem Strom für die Leselampe und die Zeitopportunitätskosten); ein nutzungsabhängiges Entgelt an die Urheber fällt nicht an.

Fast alle Bücher, viele Zeitschriften und Zeitungen, der größte Teil der Tonträger sowie ein großer Teil der Videokassetten gelangen über den Einzelverkauf der Speichermedien an ihre Nutzer. Der deutsche Einzelhandel erzielte mit Büchern und Zeitschriften 1996 Verkaufserlöse in Höhe von 17 230 Millionen DM (Bundesregierung 1998: 79), mit Tonträgern 4 785 Millionen DM (Bundesregierung 1998: 136), mit Kaufvideos 1 050 Millionen DM28 (Bundesregierung 1998: 135) und mit Kaufzeitungen (1997) 1 382 Millionen DM (BDZV 1998: 63f, jeweils zu Endverbraucherpreisen).


2.5.1.2 Abonnements

Ein Abonnement ist grundsätzlich dem Verkauf einzelner Trägermedien ähnlich, lediglich die Handelsbeziehung wird verstetigt. Das ist von Vorteil, weil es die Informationsprobleme des Nachfragers senkt (vgl. hierzu Kapitel 2.2.4), den hohen Aufwand des Einzelhandels und die Kosten von Remissionen vermeidet (vgl. hierzu Kapitel 2.4.2). Auch werden die Abogebühren im Voraus erhoben, was wertvolle finanzielle Sicherheit bietet. Dafür entfällt allerdings die Werbewirkung der Präsentation des Mediums im Handel (Geretschlaeger und Leinschitz 1993b: 541), und auch die Marktzutrittsbarrieren sind höher, da man zunächst viel Kundenforschung und -werbung betreiben und die Kundenbindung pflegen muss (Heinrich 1994: 197). Für den Werbemarkt bietet der Abonnementvertrieb besondere Vorteile, da sich mit den Daten der Bezieher die Zielgruppenorientierung der Werbung verbessern lässt (vgl. Kapitel 2.5.2.2). Auf diese Weise können höhere Preise am Markt >>58<< für Werbekontakte erzielt werden. Abonnements sind besonders bei Zeitungen und Zeitschriften verbreitet, es gibt sie aber auch vereinzelt bei Musik-CDs. Eine besondere Art von Abonnements bieten Bezahlfernsehsender, da keine Speichermedien vertrieben werden, sondern lediglich das Recht zum Betrachten eines Fernsehkanals.

Für den Zeitungsmarkt ist das Abonnement die weitaus wichtigste Vertriebsform. So wurden 1997 im Vertrieb der regionalen Abonnementzeitungen 5 346 Millionen DM erlöst, fast viermal so viel wie im Einzelverkauf (BDZV 1998: 63f). An der Deckung der Kosten der Verlage waren die Erlöse 1997 dennoch nur mit 38,3 Prozent beteiligt - die restlichen 61,7 Prozent der Kosten werden durch den Anzeigen- und Beilagenvertrieb gedeckt (ZAW 1998: 190). Bei den Zeitschriften gelangten 1993 46,2 Prozent aller verkauften Exemplare per Abonnement an ihre Leser und nur 41,3 Prozent über den Einzelverkauf (Heinrich 1994: 297).29

Das Abonnieren von Bezahlfernsehen hat eine besonders große Bedeutung in den USA, wo jeder Sender von den Kabelgesellschaften an deren Anschlussgebühren beteiligt werden muss. Die durchschnittlichen Grundgebühren (basic cable service) sind mit monatlich durchschnittlich 26,48 US$ entsprechend hoch. Trotzdem sind 67 Prozent aller Haushalte an ein Kabelnetz angeschlossen, und fünfzig Millionen dieser Haushalte abonnieren zusätzlich auch noch die gegen Extrazahlungen empfangbaren premium service channels. (Neue Westfälische 1998)

In Deutschland spielt das Abonnentenfernsehen allein schon deshalb eine vergleichsweise geringe Rolle, weil die Kabelnetzbetreiber den Sendern keine Kompensation für die Programmeinspeisung zahlen. Mit Premiere und DF1 werden allerdings werbefreie Abonnementprogramme angeboten, die mit den US-amerikanischen Premium-Kanälen vergleichbar sind. Premiere abonnierten im Januar 1999 1,7 Millionen Haushalte, 430 000 von ihnen sogar Premiere digital (Communications News: 5. Februar 1999). Die Bertelsmann AG als Miteigentümerin rechnet in Deutschland bis zum Jahr 2007 mit sechs Millionen Abonnenten und erwartet jährliche Erlöse in Höhe von sechs Milliarden Mark (Wössner 1997: 79). DF1 verfügte als der jüngere deutsche Bezahlfernsehsender Ende 1998 über 300 000 Abonnenten und erwartet eine Steigerung dieser Zahl auf eine halbe Million bis Ende 1999 (Communications News: 14. Januar 1999). >>59<<

Das Bezahlfernsehen erreichte 1995 in der Europäischen Union insgesamt 39 Prozent der Haushalte (gegenüber 54 Prozent in USA und 28 Prozent in Japan), und allein 1996 stieg hier die Zahl der Abonnenten von 13,2 auf 16,1 Millionen. Für den Vertrieb von Spielfilmrechten wird das Bezahlfernsehen gegenüber Kino, Videoverleih und Videoverkauf gegenwärtig das weltweit wichtigste Medium. In der Europäischen Union nahm es diese Stellung mit 34 Prozent der Ausgaben für Filme schon 1996 ein. (Europäische Kommission 1997b)


2.5.1.3 Vermietung von Speichermedien

In der Europäischen Union haben Urheber und ausübende Künstler das ausschließliche Recht, ,,die zeitlich begrenzte Gebrauchsüberlassung zu unmittelbarem oder mittelbarem wirtschaftlichen oder kommerziellen Nutzen" zu erlauben oder zu verbieten (Artikel 1 (2) EU-Richtlinie 92/100/EWG zum Vermiet- und Verleihrecht). Während für den Bereich der Tonträger von diesem Recht 1996 mit dem Vermietverbot Gebrauch gemacht wurde und auch kein kommerzieller Buchverleih mehr existiert, werden mit der Vermietung von Videokassetten bedeutende Umsätze erzielt. Die Videovermietung ist teilweise sogar der einzige Verwertungsweg für Filme, welche aufgrund ihrer pornographischen oder brutalen Inhaltsgegenstände kaum anders zu vermarkten sind (vgl. Schauz 1997: 89f). 1997 lagen in Deutschland die Erlöse mit 700 Millionen DM (Medienspiegel 1998c: 6) hinter den Erwartungen der Videovermieter, nachdem sie 1996 auf 780 Millionen DM von einem Vorjahreswert von 740 Millionen DM gestiegen waren (Bundesregierung 1998: 135).


2.5.1.4 Nutzungsabhängige Zahlungen

Beim Vertrieb von Speichermedien über Einzelmedienverkauf, Abonnements oder Vermietung ist die Höhe der geforderten Preise unabhängig von der Nutzungsintensität. Im Gegensatz dazu stehen nutzungsabhängige Zahlungen in direktem Zusammenhang dazu. Diese Art des Vertriebs kann in zwei unterschiedliche Verfahren eingeteilt werden: Das erste Verfahren erhebt pro Nutzer ein Entgelt für einen Medieninhalt, der sich bei der Nutzung verbraucht (vgl. Kapitel 2.2.2). Am gebräuchlichsten ist diese Form bei Kinovorführungen, zunehmend wird sie aber auch für pay per view-Abrechnungen für Bezahlfernsehen angewandt.30 Das andere Verfahren erhebt von Nutzern ein Entgelt für einzelne Nutzungseinheiten eines Medieninhalts, der sich mit der Nutzung nicht verbraucht, sondern beliebig lange bestimmte Funktionen erfüllt. Werden die Inhalte mit diesem, in Abgrenzung zum pay per view hier als pay per use bezeichneten Verfahren bepreist, so wird eine Teilbarkeit des >>60<< Gutes simuliert, die bei allen anderen Vertriebswegen fehlt. Angewendet wird pay per use für den Zugriff auf elektronische Datenbanken und wird auch als adäquate Abrechnungsmethode für die Nutzung von Computerprogrammen innerhalb von Netzwerken favorisiert (vgl. Kapitel 3.4.1).

Für den Wettbewerb der Anbieter bieten die Vertriebsverfahren sehr unterschiedliche Bedingungen: Beim pay per view treten die Anbieter genau wie bei den anderen Verfahren in einen Preiswettbewerb gegeneinander, bei dem es darum geht, den Preis so zu setzen, dass möglichst viele Nachfrager das Angebot wahrnehmen und einen möglichst hohen Preis zahlen. Im Gegensatz zu diesem, sogenannten Bertrand-Wettbewerb steht der Cournot-Wettbewerb, der beim pay per use-Verfahren herrscht. Hier setzen die Anbieter die Preise je Nutzungseinheit so, dass sie möglichst viele Einheiten an jeden Nutzer verkaufen können. Man sagt daher auch, dass die Anbieter in einem Mengenwettbewerb zueinander stehen. In Kapitel 4 wird deutlich, welche zentrale Bedeutung die Unterschiede der Wettbewerbsformen auf die qualitative und quantitative Zusammenstellung des Angebots haben.

Die quantitative Bedeutung in Deutschland ist beim pay per view-Verfahren als nutzungsabhängige Zahlung schnell erfasst, da es sich hier bislang praktisch nur um die Einnahmen der Filmtheater handelt.31 1997 nahmen diese in Deutschland 1 268,6 Millionen DM ein, wovon die Filmverleiher als eigentliche Bereitsteller der Inhalte 619,2 Millionen DM erhielten (Media Perspektiven 1998: 63). Über pay per use liegen keine vergleichbar aussagekräftigen Daten vor. Ausgehend von sechzehn Milliarden US$ Umsatz von elektronischen Datenbanken weltweit im Jahr 1995 und einem deutschen Anteil von 4,5 Prozent daran (Bundesregierung 1998: 148) müsste noch bekannt sein, wie viel davon tatsächlich nutzungsabhängig und nicht pauschal mit unbegrenzter Nutzung (etwa auf CD-ROM) vertrieben wird. Entsprechende Daten liegen aber nicht vor.


2.5.2 Werbefinanzierung

2.5.2.1 Werbeformen und Werbezweck

Ein beträchtlicher Teil der Finanzierung der Produktion von Medieninhalten erfolgt über Einnahmen aus Werbung, welche gemeinsam mit den Medieninhalten an die Nachfrager verbreitet wird. Dabei sind die Werbebotschaften in vielerlei Hinsicht nicht von anderen Medieninhalten zu unterscheiden, wie >>61<< Owen (1975: 28) darstellt: ,,They are valued by consumers (many people read newspaper ads more regularly than editorial content). They are sometimes entertaining, sometimes informative. They are sometimes exaggerated and untruthful, but so is much nonadvertising content." Auch steht Werbung unter dem verfassungsrechtlichen Schutz des Grundrechts auf Meinungsfreiheit (Medienspiegel 1998b: 3). Unterscheidbar wird Werbung lediglich in ihrer Funktion zur Verkaufsförderung anderer Dinge, anstatt selbst Gegenstand der Nachfrage der Konsumenten zu sein (Vgl. Owen 1975: 28f).

Werbefinanzierung funktioniert deshalb, weil die Werbetreibenden nur eingeschränkte Möglichkeiten haben, die Konsumenten zur freiwilligen Aufnahme ihrer Werbebotschaften zu bewegen: In der Regel sind die Konsumenten an anderen Tätigkeiten interessiert, und eine materielle Kompensation für die aufgewendete Aufmerksamkeit ist meistens technisch ausgeschlossen. Statt dessen bieten sich die Anbieter von Medieninhalten aufgrund ihrer Vermarktungsschwierigkeiten an, gegen Entgelt die von den Nachfragern geschätzten Inhalte mit den Botschaften der Werbetreibenden zu vermischen. Mit den Inhalten erhalten die Inhaltenachfrager eine Kompensation für die Aufnahme der Werbebotschaften, und an die Werbekunden kann eine Verbreitungswahrscheinlichkeit der Werbebotschaften verkauft werden. ,,TV stations are in the business of producing audiences. These audiences, or means of access to them, are sold to advertisers." (Owen, Beebe und Manning 1974: 4)

Entscheidend für die Attraktivität der Werbefinanzierung sind auch die Schwierigkeiten alternativer Finanzierungsmöglichkeiten für Medieninhalte. Zum einen ist es technisch sehr aufwendig, für Radio- und Fernsehsendungen monetäre Preise zu fordern; früher war es sogar vollkommen unmöglich oder sogar (in den USA) rechtlich verboten (vgl. Owen 1975: 89). Zum anderen ist es aufgrund der Unteilbarkeit der meisten Medieninhalte oder ihrer Angebotsformen unmöglich, den monetären Preis an die Nutzungsintensität anzupassen: Derjenige, der eine Zeitung vollständig liest, zahlt den gleichen Preis wie jemand, der ausschließlich wenige Wirtschaftsnachrichten liest, und auch beim Abonnentenfernsehen zahlt derjenige, der viele Stunden des Programms sieht, den gleichen Preis wie jemand, der kaum zum Fernsehen kommt (vgl. Butters 1978: 18). Werbefinanzierung stellt ähnlich wie nutzungsabhängige monetäre Konsumentenzahlungen bei bestimmten Inhalten eine Möglichkeit dar, die erhaltenen Zahlungen an die Nutzungsintensität anzupassen.

Werbefinanzierung erfolgt zumeist in Form von Spotwerbung in Fernsehen und Hörfunk, bzw. Anzeigen in Büchern, Zeitungen und Zeitschriften, aber auch product placement und sponsoring verschaffen dem Inhalteanbieter Einnahmen und dienen der Verkaufsförderung. Davon sind andere Werbeformen zu unterscheiden, welche nicht zur Finanzierung von Medieninhalten >>62<< beitragen, wie Briefsendungen, Telemarketing, Messestände, Schaufensterpräsentationen und Plakate. (Vgl. Bruck 1993: 37)

Werbung in den Medien unterliegt zunächst verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen zum Verbraucher- und Jugendschutz. Insbesondere gelten Verbote für (1) Werbung für einige Produkte in einigen Medien (z.B. Tabak im deutschen Rundfunk), (2) Irreführung der Verbraucher, (3) die gezielte Ansprache bestimmter Zielgruppen (zum Beispiel Kinder) und (4) Bezüge von Werbebotschaften auf die eigentlich verbreiteten Inhalte. Darüber hinaus gelten für den Rundfunk Beschränkungen, welche die Gesamtdauer der Werbeunterbrechungen und ihre zeitlichen Abstände zueinander regeln, wobei der öffentlich-rechtliche Rundfunk besonders strengen Vorschriften unterliegt (vgl. Wirtz 1994: 147).32 Unzulässig sind im deutschen Rundfunk außerdem ,,Werbung politischer, weltanschaulicher oder religiöser Art" (§ 7 Absatz 7 Rundfunkstaatsvertrag) sowie Werbeunterbrechungen von Gottesdiensten und Sendungen für Kinder (§ 44 Absatz 1 bis 5 Rundfunkstaatsvertrag). (Vgl. Landesmedienanstalten der Bundesrepublik Deutschland 1998; Bruck und Selhofer 1996: 189)


2.5.2.2 Eignungskriterien der Medieninhalte als Werbeträger

Die Werbetreibenden interessieren sich nicht nur für den Preis je erzielten Werbekontakt, sondern auch für die Wirksamkeit der Kontakte. Diese wird neben der Werbebotschaft selbst von (1) der qualitativen Zusammensetzung der Rezipientengruppe, (2) dem Image des Medieninhalts, welcher die Werbebotschaft zeitlich oder räumlich umgibt, und (3) der technischen Eignung des Mediums bestimmt. (Vgl. Heinrich 1994: 79)

Die Bedeutung der qualitativen Zusammensetzung der Rezipientengruppe erklärt sich dadurch, dass die Werbetreibenden potentielle Käufer ansprechen wollen. Da diese bei lokalen oder regionalen Angeboten räumlich konzentriert sind und fast immer besondere sozialdemographische Eigenschaften aufweisen, ist jeweils nur ein Teil der Rezipienten für die Werbetreibenden von Interesse (vgl. Owen und Wildman 1992: 11). Je genauer es gelingt, mit der Auswahl des Inhalts eine homogene und zugleich attraktive Zielgruppe zu erreichen, desto höhere Preise können für den durchschnittlichen Kontakt erzielt werden. Aus diesem Grund sind die Preise vieler Zeitschriften auch als Schutzgebühren zu verstehen: Sie sind die Versicherung für den Werbekunden, dass er tatsächlich die Gruppen erreicht, die er zu erreichen plant (vgl. Rosse 1987: 121). Eine besonders begehrte Zielgruppe >>63<< sind die jungen Konsumenten, da ihre Markentreue noch wenig ausgeprägt ist. Das drückt sich deutlich in den Kontaktpreisen für einen Fernsehspot aus: ,,Beim ZDF zum Beispiel kosten tausend Zuschauer unter 50 Jahren 58,86 Mark, über 50 aber nur 19,83 Mark" (Hüetlin und Schnibben 1995: 121).

Das Image eines Medieninhalts oder anderer Werbung entscheidet mit über das Bild, welches sich der Leser, Zuschauer oder Zuhörer bei der Aufnahme einer zeitlich oder räumlich benachbarten Werbebotschaft vom beworbenen Gut macht. Die ,,Stimmung von Programmumfeld und Werbespot" sollte daher einheitlich sein (Heinrich 1994: 173). So wäre Werbung für Alkoholika im Umfeld eines Berichts über Alkoholismus wohl wenig wirksam, ganz im Gegenteil zu einer Werbung für Säfte. Entsprechend würde auch ein Autohersteller nach einem Bericht über Verkehrsunfälle vergeblich für sein sportliches Image werben, während er mit Verweisen auf seine überlegene Sicherheitstechnologie schon eher Erfolge beim Zielpublikum hätte.

Die technischen Unterschiede zwischen den Medien sind von entscheidendem Einfluss für die Art der von ihnen vermittelten Werbung und den damit beworbenen Gütern. Werbung in Büchern zum Beispiel ist besonders ungünstig, da Bücher meistens im gesamten Sprachraum verbreitet werden und die Rezeption über einen langen Zeitraum erfolgt (Owen 1975: 29). Regionale und aktuelle Werbebotschaften können also nur schlecht vermittelt werden. Auch ist bei Büchern die Unteilbarkeit des Medieninhalts kein Problem, welches mit einer nutzungsabhängigen Zahlung gemindert werden könnte - Bücher werden von jedem Leser nahezu gleich intensiv gelesen. Zeitungen und Zeitschriften sind da ganz anders, da sie über die rasche Verbreitung der Botschaften den Werbetreibenden eine hohe Flexibilität ermöglichen. Zudem bieten sie oft einen extrem genauen sozialdemographischen Zielgruppenbezug (Zeitschriften) oder einen geographischen Zielgruppenbezug (Lokalzeitungen). In den Printmedienanzeigen können außerdem ,,sehr viel mehr und sehr viel genauere Informationen angeboten werden als in der Hörfunk- und Fernsehwerbung." (Kantzenbach 1984: 299) Zudem wählen sich die Konsumenten die Werbung zur genaueren Betrachtung aus, für die sie sich interessieren (vgl. Butters 1978: 18). Werbung in Fernsehen und Hörfunk bietet zwar prinzipiell die gleiche Flexibilität und Zielgruppengenauigkeit wie die Printmedien. Sie ist jedoch eher für emotional ansprechende ,,suggestive" Werbung geeignet als für die Vermittlung umfangreicher Informationen, und der Rezipient hat überhaupt keine Auswahlmöglichkeiten (vgl. Kantzenbach 1984; Schmitz 1990: 172).

Problematisch ist vor allem die Erfolgsmessung von Anzeigen und Werbespots. Abgesehen davon, dass über die tatsächliche Wirkung eines Werbespots in der Regel nur spekuliert werden kann, bleibt unklar, wie viele potentielle Konsumenten erreicht worden sind. Bei Anzeigen in Presseerzeugnissen, die in den Einzelverkauf gelangen, steht erst mit Eingang der Remissionen fest, wie viele Exemplare verkauft wurden; wie viele Leser das >>64<< ausmacht, bleibt jedoch im Dunkeln. Die Erfassung von Zuschauer- und Zuhörerzahlen ist ähnlich ungenau. Hinzu kommt, dass mit den methodisch schwierigen und technisch aufwendigen ,,Media-Analysen" das ,,Nutzerverhalten nur mit Hilfsindikatoren wie `Sitzen vor dem Fernsehgerät' oder `Kaufen einer Zeitung' erfaßt" wird und daher das tatsächliche Nutzungsverhalten unklar bleibt. (Heinrich 1994: 78)


2.5.2.3 Umfang des Werbemarktes

Zunächst ist festzustellen, dass Werbung eine bedeutende Wirtschaftsbranche mit erheblichem Umsatzvolumen ist. 56,6 Milliarden DM investierte die deutsche Wirtschaft 1997 in die Werbung, und für 1998 wurden 58,5 Milliarden DM prognostiziert. Dies entspricht 1,55 Prozent vom deutschen Bruttoinlandsprodukt (3 641,8 Milliarden DM 1997), und 350 000 Menschen (1997) sind unmittelbar in der Werbebranche beschäftigt. (ZAW 1998)

Für den Markt für Medieninhalte ist jedoch nicht die Höhe der Werbeinvestitionen der Wirtschaft von Bedeutung, sondern nur der Anteil, der für die Finanzierung von Medieninhalten zur Verfügung steht. Die Aufwendungen der Werbedesigner, Werbefilmer etc. dürfen also nicht mitgezählt werden, sondern nur die sogenannten Werbeträgereinnahmen - die Erlöse aus dem Anzeigengeschäft der werbefinanzierten Inhalteanbieter. Europaweit betragen die gesamten Werbeträgereinnahmen 77 829 Millionen US$ - das sind 29,9 Prozent des Weltmarktes in Höhe von 260 297 Millionen US$, an dem allein die USA einen Anteil von 98 876 Millionen US$ haben (1996). (ZAW 1998: 30f) Von diesem Wert müssen zusätzlich die Erlöse der Direktwerbeträger (1997 in Deutschland 5 926 Millionen DM) und Außenwerbung (1997 in Deutschland 1 002,4 Millionen DM) abgezogen werden, weil sie keinerlei Beiträge zur Finanzierung anderer Medieninhalte liefern. Von den deutschen Netto-Werbeträgereinnahmen in Höhe von 38 653,7 Millionen DM (1997; 1,06 Prozent des BIP) stehen daher noch 31 725,3 Millionen DM (1997) zur Finanzierung der Erstellung und Verbreitung redaktioneller Inhalte der Trägermedien zur Verfügung (laut Prognose für 1998: ca. 33 119 Millionen DM). (Media Perspektiven 1998; ZAW 1998)

Einem Gutachten der Basler Prognos AG zufolge werden die gesamten Netto-Werbeträgereinnahmen in Deutschland bis zum Jahr 2010 im Vergleich zur übrigen volkswirtschaftlichen Leistung überproportional um 4,4 Prozent auf 67 Milliarden DM anwachsen. Mittelfristig ist bis zum Jahr 2002 mit einer Steigerung der Nettowerbeeinnahmen auf insgesamt 48 183 Millionen DM zu rechnen. Wenn die Anteile der Direkt- und Außenwerbung unverändert bleiben, stehen danach im Jahr 2002 aus der Werbung ca. 41,3 Milliarden DM und im Jahr 2010 ca. 57 Milliarden DM für die Finanzierung redaktioneller Inhalte in Deutschland zur Verfügung. (Medienspiegel 1998d: 21-24) >>65<<

Im Verhältnis zu alternativen Quellen zur Finanzierung von Medieninhalten sind die Werbeeinnahmen von überragender Bedeutung. So übertrafen 1997 die Einnahmen aus der Fernsehwerbung mit 7 438,2 Millionen DM die der Fernsehgebühren (6 890,5 Millionen DM), und auch die Hörfunkwerbung stellte mit 1 176 Millionen DM einen beachtlichen Wert gegenüber 4 081,9 Millionen DM aus der deutschen Hörfunkgebühr (Rundfunkgrundgebühr) dar. Vollständig aus Werbung finanzieren sich die Anzeigenblätter mit 3 278,8 Millionen DM (1997) Werbeeinnahmen. Zwischen 61,7 Prozent (Abonnementzeitungen 1997) und 48,8 Prozent (Straßenverkaufszeitungen 1990) finanzieren sich Tageszeitungen aus den Werbeeinahmen in einer Gesamthöhe von 10 869,7 Millionen DM (1997). Bei den deutschen Zeitschriften liegt der Anteil der Werbefinanzierung bei durchschnittlich 54,3 Prozent (1990). Bei den Printmedien ist im Vergleich zu den elektronischen Medien jedoch zu beachten, dass die Anzeigen auch selbst erheblich zu den Kosten der Verlage beitragen: So verursachen allein die Anzeigenabteilungen der Abonnementzeitungen 13,2 Prozent der Kosten (1997); hinzu kommt der Druckkostenanteil der Anzeigen, welcher aufgrund vieler Farbanzeigen möglicherweise über ihrem Seitenanteil von 37,3 Prozent (1990) liegt. Bei einem Anteil der Kosten für Papier und Herstellung in Höhe von 36,8 Prozent (1997) an den Gesamtverlagskosten wird daher schon ein beträchtlicher Teil der Anzeigenerlöse allein für deren Druckkosten verwendet.33


2.5.2.4 Zeitopportunitätskosten und Ressourcenverbrauch der Werbung

Die noch von Spence und Owen (1977) und anderen Autoren in Bezug auf Fernsehen vertretene Ansicht, dass werbefinanzierte Programme den Nachfragern kostenlos zur Verfügung stehen, kann nicht mehr geteilt werden. Statt dessen muss eher davon ausgegangen werden, dass Werbung als zeitintensive Belästigung empfunden wird und Zeitopportunitätskosten verursacht. Schließlich könnten die Fernsehkonsumenten, statt Werbung erdulden zu müssen, einer anderen, frei gewählten Beschäftigung mit einem höheren Nutzen nachgehen; von ,,Free-TV" kann also keine Rede sein. Entsprechend gehen Wildman und Owen (1985: 264-272) davon aus, dass Werbung den Bruttonutzen eines Fernsehprogramms senkt. Dabei werden die Medieninhalte durch Werbeeinblendungen so weit entwertet, dass ihr Konsum gegenüber alternativen Tätigkeiten gerade noch attraktiver ist.

Eine Argumentation für diese Annahme besteht darin, dass es (abgesehen von rechtlichen Beschränkungen) kein weiteres Hindernis für die Programmveranstalter gibt, so viele Werbespots wie nur irgend möglich zu senden. Wenn das keinen Einfluss auf die Attraktivität der Sendungen hätte, >>66<< könnten so die Erlöse maximiert werden, und eine solche Programmgestaltung wäre sehr erfolgreich. Die Aufmerksamkeit ist jedoch knapp, und die Zuschauer meiden Sendungen, in denen ihnen ein hohes Maß an Aufmerksamkeit für solche Inhalte abverlangt wird, die sie gar nicht suchen oder wünschen.

Die Werbungsaversion ist auch empirisch belegt. Bei der Erhebung von Zahlungsbereitschaften für Video-auf-Abruf-Systeme verlangten die potentiellen Nachfrager je Film einen Preisnachlass um 20 Prozent, wenn fünf Minuten Werbung vor den Film geschaltet werden, und einen Nachlass um 40 Prozent, wenn die Werbung im Film gezeigt wird (Schauz 1997: 160).34 Im Auftrag des SPIEGELs ermittelte das Meinungsforschungsinstitut Emnid, dass Fernsehzuschauer die Werbeunterbrechungen zu 51 Prozent als ärgerlich, zu 15 Prozent als informativ, zu 32 Prozent als langweilig und zu 22 Prozent als unterhaltsam empfinden. Nur 11 Prozent sehen sich die Werbung interessiert an, während der Rest nicht interessiert hinsieht (21 Prozent), den Raum verlässt (18 Prozent), umschaltet (53 Prozent) oder in die TV-Zeitschrift sieht (9 Prozent). (Hüetlin und Schnibben 1995: 120) In einer repräsentativen Umfrage stimmten 59 Prozent der Befragten der Aussage ,,Ich wäre froh, wenn es in . . . keine Anzeigen/Werbung mehr gäbe" in Bezug auf privates Fernsehen zu (51 Prozent Zustimmung beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen). Beim öffentlich-rechtlichen Hörfunk stimmten der Aussage immer noch 43 Prozent zu; beim privaten Hörfunk taten dies 39 Prozent der Befragten. (Medienspiegel 1998a: 6)

Die für Rundfunkwerbung festgestellte Werbungsaversion der Nachfrager kann auf die Printmedien nicht übertragen werden. Weil es hier kein festgefügtes zeitliches Programmschema gibt, können die Konsumenten die von ihnen aufgenommenen Werbebotschaften frei wählen. Es gibt auch keine aufgezwungenen Unterbrechungen des Konsums eines bestimmten, an sich unteilbaren Medieninhalts (Owen und Wildman 1992: 125). In der Folge sind die Werbebotschaften viel stärker auf den interessierten Leser zugeschnitten und enthalten wesentlich mehr Information, was durch die Möglichkeit unterstützt wird, auch längere Texte abdrucken zu können. (Vgl. Butters 1978: 18; Kantzenbach 1984: 299) Auch diese Argumentation kann empirisch belegt werden: In der oben aufgeführten Umfrage äußerten sich nur 26 Prozent der Befragten, dass sie froh wären, wenn es in ,,Zeitschriften/Illustrierten" keine Werbung mehr gäbe, bei den ,,regionale Abonnementzeitungen" waren es gar nur 20 Prozent (Medienspiegel 1998a: 6).

Bislang findet in der Literatur noch wenig Berücksichtigung, dass Werbung auch wertvolle Ressourcen belegt: (1) Für die Sendung von Rundfunkwerbung werden knappe Frequenzen belegt, die für die Übertragung erwünschter Inhalte genutzt werden könnten. (2) Die Wiedergabe von >>67<< Werbesendungen trägt zu Verschleiß von Geräten bei, verbraucht Elektrizität und wird möglicherweise als Lärmbelästigung von Dritten wahrgenommen. (3) Der Druck von Anzeigen in den Printmedien erhöht den Farb- und Papierverbrauch und steigert damit die Umweltbelastung aus Herstellung, Transport und Entsorgung (vgl. Geretschlaeger und Leinschitz 1993b: 518f). Zudem werden die Zeitungen und Zeitschriften mit hohen Werbeanteilen für den Leser nicht nur schwerer, sondern auch unhandlicher.


2.5.2.5 Fehlsteuerung des Inhalteangebots

Damit ein werbefinanziertes Angebot von Medieninhalten den Präferenzen der Inhaltenachfrager entspricht, müssen die Präferenzen der Werbetreibenden für ein mit einem Programm verbundenes Publikum mit den Präferenzen der Inhaltenachfrager für ein Programm übereinstimmen. Davon kann jedoch aus mehreren Gründen nicht ausgegangen werden. (Vgl. Frank 1993: 25; Owen und Wildman 1992: 92, 98f) Ein Grund liegt darin, dass die Werbetreibenden besondere Publikumsqualitäten bevorzugen. Zu diesen Eigenschaften gehört eine hohe Kaufkraft und eine geringe Markenbindung bzw. eine allgemein leichte Beeinflussbarkeit durch Werbebotschaften (vgl. Minasian 1964). Vor allem alte Menschen sind daher eine unattraktive Zielgruppe für Werbung; entsprechend sind Inhalte für diese Gruppe am Werbemarkt benachteiligt (vgl. Kapitel 2.5.2.2). Ein Indiz dafür kann in der scharfen Konkurrenz ,,jugendlicher" Vorabendserien im deutschen Fernsehen oder auch in der Vielzahl neu erscheinender Zeitschriften mit jungem Zielpublikum gesehen werden. Eine andere benachteiligte Gruppe könnten Nachfrager mit einer ausgeprägten Werbeaversion sein. Wenn diese Gruppe bestimmte Inhalte exklusiv nachfragt, dürften auch solche Angebote über den Werbemarkt schwer zu finanzieren sein.

Neben diesen qualitativen Gründen der Bevorzugung bestimmter Rezipientengruppen durch die Werbetreibenden gibt es aber auch noch quantitative Gründe, die zu Abweichungen eines werbefinanzierten Inhalteangebots von den Zuschauerpräferenzen führen können. Zum einen ist anzunehmen, dass das Werbebudget der Werbetreibenden begrenzt ist und einen Wert einnimmt, der von der aggregierten Zahlungsbereitschaft der Nachfrager abweicht. In der Folge nimmt das Gesamtangebot an Medieninhalten ein zu hohes oder zu geringes Niveau ein. (Vgl. Müller 1998: 116) Zum anderen können die Werbeerlöse für einen Inhalt auch direkt mit der Zahlungsbereitschaft der Nachfrager verglichen werden. Hier kann sich herausstellen, dass Inhalte, die den Nachfragern die Produktionskosten mehr als wert wären, über Werbefinanzierung nicht kostendeckend sind (Spence und Owen 1977: 105). So schätzten Noll, Peck und McGowan (1973), dass die US-Fernsehzuschauer bis zu sieben mal mehr für Programminhalte bezahlen würden als >>68<< diese an Werbeeinnahmen erzeugen könnten (zitiert aus Owen und Wildman 1992: 98).

Ein Blick auf die 1991er Tausenderkontaktpreise für Dreißig-Sekunden-Fernsehspots scheint diesen Eindruck zu bestätigen (in DM): ARD (9,35), ZDF (18,50), RTL (12,42) (Heinrich 1994: 72). Nimmt man pro Stunde 20 Spots an, so erhält z.B. RTL knapp 25 Pfennige je Zuschauerstunde.35 Da diese Beträge weitgehend unabhängig vom tatsächlich erzielten Zuschauernutzen sind, bestimmen sie auch die von den Medieninhalten maximal erreichte Qualität, soweit diese vom Ressourceneinsatz abhängt. Es ist daher leicht vorstellbar, dass der durchschnittliche Zuschauer nicht nur einen wesentlich höheren Betrag bieten würde, um sich die Werbeunterbrechungen zu ersparen, sondern dass auch monetäre Zahlungen der Nutzer für die Inhalte eine viel höhere Produktionsqualität erlauben könnten. (Vgl. Owen und Wildman 1992: 22) Für viele Medieninhalte, die aufgrund besonderer Eigenschaften auf eine sehr hohe Zahlungsbereitschaft der Nachfrager stoßen, ist eine direkte Entgeltfinanzierung daher einer Werbefinanzierung im Prinzip überlegen: Selbst wenn zum Beispiel pay per view-Sender für bestimmte ,,Top-Sportereignisse" einen Preis verlangen, der neunzig Prozent der potentiellen Zuschauer ausschließt, so können von den übrigen zehn Prozent immer noch Erlöse erzielt werden, die weit über die Erlöse einer potentiellen Werbefinanzierung hinausgehen.

Aus den genannten Gründen spricht viel gegen die Annahme, dass mit einer Werbefinanzierung, vor allem im werbefinanziertem Rundfunk, ein wohlfahrtsoptimaler Präferenztransfer gelingt. In der Folge wird ein Inhalteangebot bereitgestellt, welches bestimmte Nachfragergruppen besonders benachteiligt und schlechter ist als die Nachfrager selbst fordern würden. Die Steuerung des Inhalteangebots funktioniert daher nur insoweit, als dass stärker nachgefragte Inhalte mehr Zuschauer haben, die >>69<< die Werbung akzeptieren und damit auch höhere Werbeeinnahmen einspielen.

Abbildung 2-2 deutet diese Situation am Markt für werbefinanzierte Fernsehprogramminhalte an. Zwar erzielen einige Zuschauer eine Konsumentenrente, doch entspricht der von ihnen zu zahlende Preis (in Form von Opportunitätskosten PW) nicht den finanziellen Einnahmen des Inhalteanbieters. Wenn dies jedoch der Fall wäre, so (1) ständen viel mehr Ressourcen für die Produktion des Inhalts bereit oder (2) viel mehr Zuschauer als QW sähen sich das Programm an. Die Steuerung des Inhalteangebots funktioniert daher nur insoweit, als dass stärker nachgefragte Inhalte mehr Zuschauer haben, die >>69<< die Werbung akzeptieren und damit auch höhere Werbeeinnahmen einspielen.36

Abbildung 2-2:
Der Markt für werbefinanzierte Fernsehprogramminhalte


2.5.2.6 Volkswirtschaftliche Wirkungen

Die Auswirkungen der Werbung beschränken sich nicht auf den Markt für Medieninhalte. Zusätzlich müssen der Markt für Werbekontakte und der für die beworbenen Güter betrachtet werden. Abbildung 2-3 stellt die beiden Märkte in ähnlich vereinfachter Form so dar, wie es mit Abbildung 2-2 für den Markt für werbefinanzierte Fernsehprogramme erfolgte. In den beiden Teilen der Abbildung werden die Zahlungsbereitschaften der Nachfrager entsprechend dem abnehmenden Grenznutzen als fallende Kurven dargestellt. Damit erhalten die Nachfrager eine Konsumentenrente, die der Fläche des Dreiecks entspricht, welches unten durch die Preislinie (PK bzw. PW/PoW) und oben durch die Zahlungsbereitschaftskurve begrenzt wird. Während Abbildung 2-3 (A) damit schon vollständig erklärt ist, werden in Abbildung 2-3 (B) zwei Situationen dargestellt: PoW gibt den Preis des Gutes an, der zur Deckung der Kosten des Anbieters ohne Werbung notwendig wäre. Zu diesem Preis könnten QoW Einheiten des Gutes verkauft werden. PW zeigt dagegen den tatsächlich geforderten Preis. Nur er ist in der Lage, auch noch die Kosten der Werbung (entsprechend der Fläche des kleinen, oben liegendenden Rechtecks) mitzutragen. Da PW höher als PoW ist, liegt die abgesetzte Menge QW des Gutes >>70<< unterhalb der ohne Werbung möglichen Menge. Da die Werbung keinen Beitrag zur Steigerung des Nutzenwertes des Gutes leistet, führt sie zu einem Wohlfahrtsverlust in Höhe des zwischen den Preislinien PoW und PW liegenden Trapezes: Die Konsumentenrente der Käufer wird um diesen Betrag reduziert.

Abbildung 2-3:
Die Märkte für Werbekontakte (A) und beworbene Güter (B)

Eine so einfache Darstellung der Auswirkungen von Werbung bietet sich als Einstieg in die Thematik an; die hohe Komplexität der Werbewirkungen erfasst sie allerdings nicht. In der intensiveren Diskussion der volkswirtschaftlichen Effekte in der Literatur zur Werbung kann man drei Argumente unterscheiden, welche sowohl von Befürwortern und Gegnern der Werbung verwendet werden: (1) das Informationsargument, (2) das Nachfrageargument und (3) das Wettbewerbsargument. Eine vollständige Würdigung aller diskutierten Teilaspekte ist an dieser Stelle nicht möglich. Die folgende Skizze kann allenfalls aufzeigen, wie schwierig eine eindeutige Beurteilung der volkswirtschaftlichen Effekte von Werbung ist.

Die Befürworter von Werbung weisen mit dem Informationsargument darauf hin, dass es zu den Aufgaben der Unternehmer gehört, die Nachfrager über ihre Angebote zu informieren. ,,Werbung ist dann keine vom beworbenen Produkt unterscheidbare Dienstleistung." (Müller 1998: 119) Werbung hat nach dieser Position sehr wohl einen eigenen Nutzen für die Konsumenten, da sie über die Existenz und die Eigenschaften von (alternativen) Angeboten informiert und so die Suchkosten der Käufer verringert. Informierend in diesem Sinne sind dann nicht nur die kognitiven Bestandteile der Werbebotschaften, sondern auch die - besonders in der Rundfunkwerbung dominieren- >>71<< den - emotionalen Bestandteile. Gerade sie könnten die kognitiv schwer vermittelbaren Eigenschaften verdeutlichen und den Verbrauchern helfen, ihre latent vorhandenen autonomen Präferenzen zu entdecken. (Vgl. Kantzenbach 1984: 300f) Butters (1978: 15) weist weiter darauf hin, dass Werbung für den Verbraucher auch deshalb einen Mehrwert eines Produktes darstellen kann, weil sie einen ,,pleasant mystique" aufbaue. Zudem könne Werbung oft als Unterhaltung aufgefasst werden, und allein die Existenz massiver Bewerbung für ein Produkt stelle oft wertvolle Information dar.

Gegner der Werbung finden im Informationsargument nur wenig Überzeugendes, was für Werbung spricht. Lediglich die Anzeigen von Privatpersonen und Anzeigen der Beschaffungsseite von Unternehmen hätten eindeutigen Informationswert und trügen damit zur Markttransparenz bei (vgl. Sohmen 1971). Besonders der ,,rundfunktypische[n] Form der Suggestivwerbung" wird dagegen vorgeworfen, die ,,autonom gegebenen Verbraucherpräferenzen" zu verändern (Müller 1998: 118; vgl. auch Schumann 1984: 60f und die dort angegebene Literatur). Die Nachfrager würden dann Produkte wählen, die ihnen tatsächlich einen geringeren Nutzen stiften als die Produkte, die sie ohne Werbebeeinflussung wählen würden. (Vgl. auch Butters 1978: 15) Gegen suggestive Werbung wird auch eingewendet, dass sie oft schon deshalb kaum zu einem Abbau der Informationskosten beitragen kann, weil sie hauptsächlich für Markenartikel betrieben wird, welche ,,sich technisch fast überhaupt nicht, sondern vorwiegend durch ihre äußere Aufmachung und die für sie betriebene Werbung von einander unterscheiden" (Sohmen 1971: 11). Allein schon die Menge an Werbung übertreffe bei weitem ,,that which could conceivably convey useful information" (Butters 1978: 15). Hinzu kommen Streuverluste, weil (1) die Botschaften Teile der Zielgruppe mehrfach erreichen, andere dagegen gar nicht und (2) viele Nachfrager außerhalb der Zielgruppe erreicht werden, ohne überhaupt als Konsumenten in Frage zu kommen (vgl. Schmitz 1990: 174). Kantzenbach (1984: 172) schlussfolgert daher:

    ,,In einer Umwelt, in der meist weniger die Beschaffung als die Auswahl der richtigen Informationen und deren Verarbeitung die Entscheidung der Nachfrager erschwert, führt suggestive Werbung über eine Erhöhung des Angebots an nur bedingt entscheidungsrelevanten Informationen nicht zu einer Reduktion sondern zu einer Erhöhung der Informationskosten."

Die komplexe Diskussion des Nachfragearguments bezieht sich hauptsächlich auf die in Abbildung 2-3 (A) dargestellte Konsumentenrente der Werbetreibenden. Zwar ist offensichtlich, dass diese Konsumentenrente in einem funktionierenden Wettbewerb nicht zu Gewinnen der Unternehmer führt, sondern zur Kostendeckung eingesetzt wird. Befürworter von Werbung argumentieren jedoch, dass Werbung zu einer Verbesserung der Kapazitätsauslastung führe und so die Gesamtwohlfahrt steigere. Zudem stimuliere sie >>72<< den Konsum und helfe daher, Arbeitslosigkeit und volkswirtschaftliche Stagnation zu vermeiden. (Vgl. Medienspiegel 1998b: 2)

Gegen diese Auffassung wendet Sohmen (1971: 18) jedoch ein, dass Werbung kaum Einfluss auf die Gesamtnachfrage ausübe, weil ,,sich die Werbeanstrengungen konkurrierender Oligopolfirmen größtenteils gegenseitig neutralisieren" (Sohmen 1971: 19). Die durch Werbung erzielten Umsatzsteigerungen einzelner Unternehmen sind daher größtenteils auf Umsatzverluste anderer Unternehmen zurückzuführen. Entsprechend bezeichnet Sohmen (1971) Werbung unter Berufung auf die erstmalige derartige Beschreibung durch Pigou (1960: 196-200) sogar als Spezialfall externer Kosten. Dort, wo es mit Werbung gelingt, Kapazitäten effizient auszulasten, wendet Sohmen (1971: 17) ein, dass dies in der Regel durch Preiswettbewerb geschehen müsse. Andererseits könne Werbung auch derartig wirksam sein, dass erst sie zu Ungleichmäßigkeiten in der Kapazitätsauslastung führe (Sohmen 1971: 22). Sollte sich im Übrigen Werbung tatsächlich auf die Gesamtnachfrage auswirken, so würde sie die Konjunkturschwankungen eher noch verstärken, da ein prozyklisches Verhalten der Werbeaufwendungen beobachtbar sei (Sohmen 1971: 19).

Mit dem Wettbewerbsargument schließlich weisen die Befürworter der Werbung darauf hin, dass Werbung oft notwendig sei, um als neuer Anbieter oder mit einem neuen Produkt überhaupt erst Zugang zum Markt zu erlangen (vgl. Butters 1978: 16; Kantzenbach 1984: 300f; Medienspiegel 1998b: 2). Butters (1978: 16) weist jedoch auf die Schwierigkeiten bei einer Beurteilung der Wettbewerbswirkungen hin: So gebe es zwar Hinweise für ,,substantial diseconomies of scale" der Werbung, doch wird von vielen Autoren argumentiert, dass Werbung den Wettbewerb eher behindere. So kritisiert Sohmen (1971: 15), dass Werbung ,,ein Substitut für Preiswettbewerb" sei, Marktstellungen festige und die Preisstarrheit weiter stärke. Die Einführung neuer Produkte werde durch Werbung keineswegs erleichtert, da gegen die Übermacht der übrigen Reklame nur noch mit sehr hohem Aufwand Aufmerksamkeit gewonnen werden könne. Tatsächliche Neuerungen würden im Übrigen den Nachfragern auch von den Massenmedien vermittelt. (Sohmen 1971: 17f)

Eine abschließende Beurteilung von Werbung ist an dieser Stelle nicht möglich. So beruhen zum Beispiel die meisten der hier wiedergegebenen Aussagen auf Mutmaßungen und Theorien, denen schlagkräftige empirische Beweise bislang fehlen. Als gesichert kann allenfalls gelten, dass es ein pauschales Urteil über die Werbung nicht geben kann; zu groß sind die Unterschiede zwischen Werbung in unterschiedlichen Medien und zwischen solcher für neue und für etablierte Produkte. >>73<<


2.5.3 Reprographie-, Geräte- und Trägermedienabgaben

Das deutsche Urhebergesetz (UrhG) gestattet mit den Schrankenbestimmungen des § 53 UrhG die Anfertigung von Kopien geschützter Werke für den privaten oder schulischen Gebrauch. Nach § 54 UrhG haben die Urheber solcher Werke jedoch über ihre Verwertungsgesellschaften einen ,,Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung". Diese Vergütung ist zum einen durch die Hersteller von Geräten (seit 1965) und Bild- oder Tonträgern (seit 1985), die ,,erkennbar zur Vornahme solcher Vervielfältigungen bestimmt sind," und zum anderen durch die Hersteller und Betreiber von Reprographiegeräten zu zahlen (vgl. Davies 1994: 128; Pethig 1988). Für die Vergütung werden in der Anlage zu § 54d UrhG detaillierte Richtwerte genannt, welche der tatsächlichen urheberrechtlichen Relevanz des Einsatzes der Geräte und Trägermedien angepasst werden sollen. Ähnliche Pauschalvergütungen wie das deutsche UrhG sehen die Bestimmungen in elf Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie - einer entsprechenden aktuellen Gesetzesinitiative zufolge - in Kürze möglicherweise auch das kanadische Urheberrecht vor (Europäische Kommission 1997c: 16; QuickLinks: 5. Januar 1999).

Während die weitaus meisten Einnahmen der Verwertungsgesellschaften bereits Bestandteil anderer Umsätze in der Medienbranche sind, müssen die Erlöse aus den Reprographie-, Geräte- und Trägermedienabgaben gesondert gezählt werden, da sie an keiner anderen Stelle miterfasst werden. Von den weltweit etwa fünf Milliarden US$ (in 1994, Cisac 1998), die von den Verwertungsgesellschaften insgesamt eingenommen werden, machen diese Erlöse allerdings einen sehr kleinen Teil aus. Als Hauptempfänger sind nur die deutsche GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte), die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst und die Verwertungsgesellschaft Wort zu nennen. Zusammen kommen sie auf Einnahmen in Höhe von etwa 104,48 Millionen DM (1997), wobei 43,3 Millionen DM auf die Geräte- und Medienabgaben sowie 61,18 Millionen DM auf Reprographieabgaben entfallen (GEMA 1998: 63; VG Bild-Kunst 1998: 3; VG Wort 1998: 9).


2.5.4 Spenden und andere Finanzmittel

Nur der Vollständigkeit wegen ist die Finanzierung von Medieninhalten über Spenden, Mitgliedsbeiträge oder Eigenmittel zu nennen, welche quantitativ völlig unbedeutend ist. In den USA ergänzt das Public Broadcasting System die staatlichen, steuerfinanzierten Zuweisungen durch Spenden, Mitgliedsbeiträge und Stiftungsmittel. (Vgl. Schmitz 1990: 175; Schröder 1997: 42f) Nur aus den Spenden der Gläubigen finanziert sich religiöses Fernsehen wie die ,,Electronic Church" in den USA (Schröder 1997: 43). In Deutschland scheinen Spenden, Mitgliedsbeiträge und Stiftungen jedoch überhaupt keine >>74<< Bedeutung bei der Finanzierung von Medieninhalten zu haben, es sei denn es handelt sich um ausschließlich für Mitglieder bestimmte Werke wie Mitgliedszeitschriften.


2.5.5 Öffentliche Rundfunkfinanzierung in Deutschland

2.5.5.1 Umfang und Entwicklung der Rundfunkgebühr

Die Rundfunkgebühr in Deutschland finanziert einen wesentlichen Teil der hier konsumierten Medieninhalte. Sie setzt sich aus der Grundgebühr und der Fernsehgebühr zusammen. Die Grundgebühr beträgt seit dem 1. Januar 1997 9,45 DM monatlich und ist von jedem Haushalt zu zahlen, der ein Radio- oder Fernsehgerät zum Empfang bereithält und nicht aufgrund besonderer Umstände gebührenbefreit ist. Die Fernsehgebühr beträgt seit dem 1. Januar 1997 18,80 DM monatlich und ist zusätzlich zur Grundgebühr von allen gebührenpflichtigen Haushalten zu zahlen, die ein Fernsehgerät zum Empfang bereithalten. 1997 betrug das Gesamtaufkommen aus den Gebühren knapp elf Milliarden DM für 34,59 Millionen gebührenpflichtige Radiogeräte und 30,98 Millionen gebührenpflichtige Fernsehgeräte. Davon gingen abzüglich einer zweiprozentigen Verwaltungsgebühr der Landesmedienanstalten (219,4 Millionen DM) 2 438,9 Millionen DM an das ZDF und 8 314,1 Millionen DM an die ARD (Hörfunkanteil 4 081,9 Millionen DM). (Media Perspektiven 1998) Den ,,Empfangsberechtigten" wurden damit vierzehn Fernsehprogramme und über fünfzig Radioprogramme finanziert (Schneidewind 1997).

Im Vergleich mit anderen OECD-Ländern stellt Deutschland nicht unbedingt eine Ausnahme dar: Fast alle Länder mit bedeutsamen Rundfunkmärkten37 betreiben eine öffentliche Form der Rundfunkfinanzierung, wobei die jährlichen Gebühren je Haushalt (in DM) in Österreich (382), Belgien (347), Dänemark (331), Island (530), Norwegen (320), Schweden (289) und der Schweiz (295) den deutschen Wert (285,60) zum Teil erheblich überschreiten (OECD 1997: 86).38 In anderen Ländern kommen dabei nicht nur Gebühren auf Geräte als Bemessungsgrundlage zur Anwendung: In Großbritannien wird eine jährliche Steuer auf jeden einzelnen Haushalt erhoben (91,50 Pfund) (Communications News: 12. Juli 1998) und von den privaten Sendern eine Umlage zur Finanzierung des Channel Four erhoben (Schmitz 1990: >>75<< 181). In Südkorea und Griechenland wird statt dessen eine Abgabe auf den Elektrizitätsverbrauch der Haushalte erhoben. (Vgl. Media Perspektiven 1995) 1994 betrug die Summe aller bekannten öffentlichen Finanzmittel in den OECD-Ländern 21,26 Milliarden DM (deutscher Anteil 7,65 Milliarden DM) und machte damit 69,7 Prozent der Gesamteinnahmen des Rundfunksektors in diesen Ländern aus (OECD 1997: 87).


2.5.5.2 Rechtfertigung der Rundfunkgebühr

Die deutsche Rundfunkgebühr ist heftig umstritten. Als staatlich erzwungene Abgabe für eine Leistung, die grundsätzlich auch durch den auf freiwilligen Vereinbarungen beruhenden Markt bereitgestellt werden könnte, muss sie durch besondere Umstände begründet sein. Diese Rechtfertigung erfolgt vor allem durch das Bundesverfassungsgericht, welches sich in mittlerweile schon neun Fernsehurteilen immer wieder auch zur Rechtmäßigkeit der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks äußerte. Dabei müssen nicht alle Argumente der ,,Rundfunkdogmatik" (Bonin 1997/98) vollständig und mit Logik nachvollziehbar sein: Sprache und Argumentationsmuster der Gebührenrechtfertigung sind - da notwendigerweise auf älteren Urteilen aufbauend - nahezu unverändert geblieben, obwohl sich die technischen Bedingungen und damit auch die Möglichkeiten eines Rundfunkmarktes grundlegend geändert haben.

Der Mangel an Rundfunkfrequenzen und Kapital ermöglichte es im Nachkriegsdeutschland nicht, die grundgesetzlich garantierte Meinungsfreiheit (Art. 5 Absatz 1) auch im Rundfunk durch konkurrierende private Programmveranstalter sichern zu lassen (vgl. Scholz 1996: 79). Man beschloss daher, den Rundfunk öffentlich-rechtlich zu organisieren, womit der Rundfunk den Gefahren eines privaten Meinungsmonopols entzogen wurde. Zugleich wurde mit dem ,,Binnenpluralismus" ein Konzept entwickelt, mit dem eine ,,Vielfalt und Ausgewogenheit der Meinungen in einem Kanal" bei relativer Staatsferne garantiert werden sollte (Schröder 1997: 59f; vgl. Bonin 1997/98). Die Ersatzfunktion des gebührenfinanzierten Rundfunks wird besonders deutlich im ersten Fernsehurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1961 (BVerfGE 12, 205: 261). Dort schreibt es:

    ,,Hier wird die Besonderheit bedeutsam, durch die sich der Rundfunk von der Presse unterscheidet. Zwar ist es unrichtig, daß Zeitungsverlage, Zeitungsdruckereien und Zeitungen in beliebiger Anzahl neu gegründet und unterhalten werden können. Der Unterschied zwischen Presse und Rundfunk besteht aber darin, daß innerhalb des deutschen Pressewesens eine relativ große Zahl von selbständigen und nach ihrer Tendenz, politischen Färbung oder weltanschaulichen Grundhaltung miteinander konkurrierenden Presseerzeugnissen existiert, während im Bereich des Rundfunks [. . .] die Zahl der Träger solcher Veranstaltungen verhältnismäßig klein bleiben muß." >>76<<

Mit dem dritten Fernsehurteil vom 16. Juni 1981 (BVerfGE 57, 295) lässt das Bundesverfassungsgericht jedoch auch private Rundfunkveranstalter zu. Neue Entwicklungen (Ausbau der terrestrischen Frequenzen, Kabel- und Satellitenfunk) haben die technischen Möglichkeiten für weitere Kanäle gebracht. Der Binnenpluralismus kann so im ,,dualen Rundfunksystem" durch den ,,Außenpluralismus" des Meinungswettbewerbs privater und öffentlicher Sender ergänzt werden. Dass die Möglichkeit einer größeren Zahl unabhängiger Programmveranstalter jedoch nicht zu einem Ersatz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks führen kann, legt das Bundesverfassungsgericht in seinem vierten Fernsehurteil 1986 (BVerfGE 73, 118) dar. Danach kann der private Rundfunk aufgrund seiner geringen tatsächlichen Reichweite und der angenommenen Notwendigkeit, wegen der Werbefinanzierung ausschließlich massenattraktive Programme bereitzustellen, keinen vergleichbaren Beitrag zum Meinungsbildungsprozess leisten. Es sei daher notwendig, dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk die ,,unerläßliche Grundversorgung" leiste. Nur solange diese gewährleistet sei, ,,können die Mängel der anderen Programme verfassungsrechtlich hingenommen werden" (Bonin 1997/98).

Die Grundversorgung besteht in (1) der technischen Empfangbarkeit für alle, (2) der vollständigen ,,Versorgung mit Programmen, die dem klassischen Rundfunkauftrag entsprechen" (Vollprogramm) und (3) der Aufgabe, ,,im Rahmen dieses Programmangebots Meinungsvielfalt in der verfassungsgebotenen Weise" herzustellen (Scholz 1996: 78). Die Beschränkung der Grundversorgung auf ,,den Charakter einer Mindestreserve und/oder eines bloßen Ausgleichs- oder Auffangtatbestandes" ist nicht die Absicht des Gerichts (Bethge 1996: 67). Obwohl das Bundesverfassungsgericht nur die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur Grundversorgung verpflichtet, muss ,,die Grundversorgung nicht unter allen Umständen durch die öffentlich-rechtlichen Anstalten sichergestellt werden. [. . .] Dies ist nach der Rechtsprechung nur solange und soweit erforderlich, wie das Gericht die Erfüllung des Rundfunkauftrags nicht durch eine andere Rundfunkorganisation als gewährleistet ansieht." (Müller 1998: 24f; vgl. auch Bonin 1997/98; Ricker 1998)

Einer populären Rechtfertigung der Existenz (und Finanzierung) öffentlich-rechtlichen Rundfunks liegt die Auffassung zugrunde, dass das Fernsehen aufgrund seiner ,,Eindringlichkeit, Wirkmächtigkeit und teilweise Suggestionskraft eine eigene prägende Qualität" besitze. Als ,,Kulturgut eigener Art" stehe es in der Verantwortung für Organisation, Austragung und Antrieb des Zeitgesprächs und könne daher nicht als ,,bloße Ware" aufgefasst werden. (Stolte 1998) Außerdem wird stellenweise für öffentlichen Rundfunk argumentiert, dass ihm allein die Vermittlung bestimmter, gesellschaftlich wertvoller Inhalte zugetraut werden kann. Am Markt würden diese Inhalte als ,,meritorische Güter" ohne ,,erzwungene Gratisbereitstellung" gar nicht nachgefragt werden. (Owen, Beebe und Manning 1974: 158f; vgl. auch Hartwig und Schröder 1998; Möschel 1998a) Vom Bundesverfassungsgericht werden >>77<< diese beiden Argumente jedoch nur vereinzelt und am Rande aufgegriffen (vgl. BVerfGE 90, 60: 87; BVerfGE 73, 118: 156).


2.5.5.3 Kritik an der Rundfunkgebühr

Die öffentliche Rundfunkfinanzierung ist die einzige Form der Bereitstellung von Medieninhalten, die nahezu vollständig ohne Exklusion auskommt (Schröder 1997: 23). Da hier - im Gegensatz zur Werbe- oder Entgeltfinanzierung - niemand von der Inhaltenutzung ausgeschlossen wird, kann mit den bereitgestellten Inhalten ein maximaler Nutzen verwirklicht werden (vgl. Kapitel 2.3.3). Dieser Nutzungseffizienz der öffentlichen Inhaltebereitstellung stehen jedoch mehrere Probleme auf der Angebotsseite gegenüber:

(1) Zunächst muss man feststellen, dass bei der Gebührenfinanzierung Transaktionskosten in nicht unerheblicher Höhe auftreten. So betrugen 1997 die Ausgaben der Gebühreneinzugszentrale 171,4 Millionen Mark - etwa 1,5 Prozent der gesamten Gebühreneinnahmen (Communications News: 16. Oktober 1998). Müller (1998: 148) weist zudem darauf hin, dass schon die Kontrolle des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten durch externe Sachverständige besonders zeit- und arbeitsintensiv ist.

(2) Als leistungsunabhängige Einnahmeform bietet die Rundfunkgebühr keinerlei Information über die Wertschätzung des Programms durch die Nutzer. Für die bedarfsgerechte Steuerung des Angebots, welche an einem freien Markt über den Preismechanismus erfolgt, ist das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem daher auf ein abstraktes Zielsystem angewiesen, welches ,,die Landesrundfunkgesetze, Staatsverträge und Anstaltssatzungen nur sehr allgemein" formulieren (Müller 1998: 80). Mit der dem Zielsystem zugrundeliegenden Verpflichtung auf das ,,Gemeinwohl" (Reiter 1996: 98) verletzt man nicht nur die Konsumentensouveränität (vgl. Bonus 1980: 151f), sondern man unterwirft sich auch einem schwer zu definierenden und noch schwerer zu kontrollierenden Zielbegriff (vgl. Werner Kaltefleiters Diskussionsbeitrag in Hilterhaus und Scholz 1996: 130). So kann unmöglich festgestellt werden, ob die Entscheidungsträger im öffentlich-rechtlichen Rundfunk tatsächlich das ,,Gemeinwohl" maximieren und sich nicht etwa statt dessen in ressourcenverschwendendem Rent-Seeking betätigen (vgl. Müller 1998: 147f).

(3) Probleme der Produktionseffizienz werden anhand der Produktionskosten und der Kostenkontrolle deutlich. So produzieren die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten das weltweit teuerste Fernsehprogramm je Sendeminute und sind in allen Bereichen ,,deutlich teurer als private Anbieter" (Hartwig und Schröder 1998: 12). Zurückgeführt wird dies auf die ,,fehlende Sanktionswirkung des Wettbewerbs" was dazu führt, dass der ,,Zwang zur sparsamen Mittelverwendung und Kostensenkung [. . .] in einer Anstalt des öffentlichen Rechts weniger stark durchzusetzen [ist] als in einem privatwirtschaftlichen Unternehmen" (Schröder 1997: 67). >>78<<

Eine andere Kritik an der öffentlich-rechtlichen Rundfunkfinanzierung besteht darin, in ihr selbst eine Gefährdung der grundrechtlich garantierten Rundfunkfreiheit zu sehen, zu deren Schutz der öffentlich-rechtliche Rundfunk überhaupt erst eingerichtet wurde. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht eine Rundfunkfinanzierung unmittelbar aus staatlichen Haushalten ausgeschlossen, doch unterliegt die Finanzierung durch die parlamentarische Festsetzung der Gebührenhöhe einer direkten staatlichen Kontrolle (vgl. Schmitz 1990). Ein Bemühen der finanziell abhängigen Anstalten, sich den staatlichen Instanzen gegenüber wohlgefällig gegenüber zu verhalten, kann daher prinzipiell nicht ausgeschlossen werden (vgl. Barrow 1997: 72f). Sogar einen direkten Verstoß gegen die Artikel 5 I des deutschen Grundgesetzes sieht Wenzel (1990: 499f) in der Verletzung der negativen Informationsfreiheit durch die Rundfunkgebührenpflicht. Durch sie werde dem Bürger die Freiheit genommen, bestimmte Meinungen und Informationen nicht zu rezipieren, zu äußern oder deren Rezeption oder Äußerung zu finanzieren.

Eine besondere Schärfe erfährt die Diskussion über die öffentliche Rundfunkfinanzierung aufgrund der von ihr hervorgerufenen Wettbewerbsstörungen. So führt Wernhard Möschel (1998a), der Vorsitzende der deutschen Monopolkommission, ,,die Verengung des Marktes in wenige Anbieterfamilien" auf die Bestands- und Entwicklungsgarantie der öffentlich-rechtlichen Anstalten zurück. In der Tat sind die Entfaltungsmöglichkeiten privater Rundfunkanbieter auf vielfältige Weise durch den öffentlichen Rundfunk in Deutschland eingeschränkt:

(1) Eine rein technische Behinderung des privaten Rundfunks besteht in der bevorzugten Vergabe knapper Sendefrequenzen an die öffentlichen Anstalten. So werden die jeweils leistungsfähigsten terrestrischen Fernsehfrequenzen an ARD, ZDF und das jeweilige Dritte Programm vergeben, während den privaten Sendern RTL, SAT1 und VOX die übrigen Frequenzen zugeteilt werden. Andere private Sender gehen gleich ganz leer aus. Nicht unähnlich erfolgt die Belegung der Frequenzen im Fernsehkabel: In Nordrhein-Westfalen werden gleich neun öffentlich-rechtliche Vollprogramme39 ins Kabel eingespeist, wobei sogar große Teile der Programme der vier ,,Dritten" und der ARD aus gegenseitigen Wiederholungen bestehen.

(2) Am Werbemarkt machen die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf zwei Arten den werbefinanzierten Sendern Konkurrenz: Zum einen betreiben sie im Vorabendprogramm des Fernsehens und im Tagesprogramm des Hörfunks selbst Werbung. Es ist nicht auszuschließen, dass dies die Preise für Rezipientenkontakte unter das Niveau senkt, was ohne Werbeschaltung der öffentlich-rechtlichen Programme bestände. In diesem Fall sind durch die öffentlich-rechtlichen Aktivitäten am Werbemarkt die Entwicklungsmöglich- >>79<< keiten des privaten Rundfunks eingeschränkt.40 Zum anderen sind die Erlösmöglichkeiten der werbefinanzierten Rundfunkveranstalter allein schon dadurch eingeschränkt, dass die Zahl möglicher Werbekontakte um den Anteil reduziert ist, den die öffentlich-rechtlichen Anstalten als Zuschauer- und Hörerquote aufweisen. Von den Effekten einer Angebotsausweitung am Markt für Werbekontakte abgesehen, könnte zum Beispiel mit den Zuschauerquoten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Höhe von 43,5 Prozent (1998) (Stolte 1998) fast eine Verdoppelung der Zahl privater Fernsehsender über Werbung finanziert werden.

(3) Am Markt für Bezahlfernsehen benachteiligt die öffentliche Rundfunkfinanzierung private Veranstalter, weil sie die Zahlungsbereitschaft für werbefreie Fernsehprogramme bei einer offensichtlich großen Zahl der Zuschauer so weit abschöpft, dass ein weiteres entgeltfinanziertes Programm nur noch schwer zu vertreiben ist (vgl. Schmitz 1990: 212f). Der staatliche Zwang zum ,,Abonnement öffentlich-rechtlicher Sender" behindert so in diesem Segment die Entwicklung privater Veranstalter, welche auf die Bedienung der freiwillig artikulierten Zuschauernachfrage beschränkt sind.

Um den staatlichen Eingriff in den Rundfunkmarkt zu rechtfertigen, bemühen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten oft den direkten Vergleich mit den privaten Sendern anhand der Kriterien Einschaltquoten und Programmkategorien (vgl. Stolte 1998). Die auf den ersten Blick für die überlegene Zuschauergunst und Programmqualität sprechenden Zahlen sind für einen Vergleich mit dem privaten Rundfunk jedoch nur bedingt tauglich:

(1) Die Einschaltquoten der werbefinanzierten Sender lassen sich kaum mit denen der gebührenfinanzierten vergleichen, da letztere durch die erzwungenen Beiträge zur Finanzierung des Programms keinen Nutzerausschluss betreiben. Beim werbefinanzierten Fernsehen müssen die Zuschauer hingegen Zeitopportunitätskosten zahlen (vgl. Kapitel 2.5.2.4). Damit wird eine werbefinanzierte Sendung automatisch weniger attraktiv als ein ansonsten vergleichbares Programm der öffentlich-rechtlichen Veranstalter, dessen Preis ja bereits am Monatsanfang in voller Höhe gezahlt wurde.41 Ein Rückschluss von den Einschaltquoten auf die Programmqualität ist damit kaum möglich. >>80<<

(2) Die niedrigeren Anteile der privaten Sender in den Programmkategorien ,,mit besonderem gesellschaftlichen Interesse" (Nachrichten, Informations-, Kultur- und Kindersendungen) (Stolte 1998) können zumindest nicht vollständig auf vermeintliche ,,`inhärente' Unterschiede von kommerziellen und öffentlichen Programmen" (Müller 1998: 141) zurückgeführt werden. Vielmehr kann man anhand des ,,public and private choice model of broadcasting" von Noam (1987) davon ausgehen, dass die öffentlich-rechtlichen Sender durch Besetzung der niveauvollen Programmkategorien private Angebote in diesem Segment vorwegnehmen.

Nimmt man die Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als gegeben hin, so stellt sich immer noch die Frage, ob die Rundfunkgebühr die angemessene Form der Finanzierung ist. Hierzu kann zunächst der berechtigte Zweifel geäußert werden, ob die Rundfunkgebühr überhaupt finanzwissenschaftlich eine Gebühr darstellen kann. Die dafür notwendige Bedingung, dem Äquivalenzprinzip zu entsprechen, erfüllt die Rundfunkgebühr jedenfalls nicht: Sie ist immer zu zahlen, auch wenn gar keine Gegenleistung in Anspruch genommen wird. (Schröder 1997: 25; vgl. Wenzel 1990: 499) ZDF-Intendant Stolte (1998) bezeichnet die Rundfunkgebühr - vom Gebührenbegriff abweichend - als ,,ein funktionsgerechtes beitragsähnliches Finanzierungsmittel der Solidargemeinschaft zur Gewährleistung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben für ebendiese Gemeinschaft." Aber auch diese Darstellung ist finanzwissenschaftlich ohne Überzeugungskraft, denn eigentlich ist die Rundfunkgebühr eine zweckgebundene Steuer auf Rundfunkgeräte, da der Kreis der vermeintlichen Beitragszahler mehrfach vom Kreis der Nutzer abweicht. Beweise dafür bestehen (1) in der Umverteilungskomponente der Gebührenbefreiung für Einkommensschwache gemäß Artikel 4 § 6 Rundfunkstaatsvertrag, (2) in der interregionalen Umverteilung durch den Finanzausgleich der Landesrundfunkanstalten, und (3) in dem Ziel, mit der Gebühr ein Programm zu finanzieren, dessen (,,gesamtgesellschaftlicher") Nutzen über den Kreis der Rundfunkteilnehmer hinausgeht. (Schmitz 1990: 303-308; vgl. Wenzel 1990: 499) Vor allem der letzte Punkt, dass der öffentliche Rundfunk einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen in Form externer Effekte stifte, spricht dafür, nicht mehr am Gebührenbegriff festzuhalten und statt dessen eine Finanzierung über solche Steuern zu wählen, welche von allen Mitgliedern der Gesellschaft geleistet werden müssen (vgl. Hartwig und Schröder 1998: 13).

Die Hauptkritik an der Rundfunkgebühr basiert jedoch auf den Zweifeln, ob die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Grundversorgung überhaupt noch notwendig ist. So weist Bonin (1997/98) zum Beispiel darauf hin, dass das Gericht noch 1986 in seinem vierten Fernsehurteil die technischen Möglichkeiten für eine Vielfalt terrestrisch, über Kabel oder Satellit übertragener Programme unterschätzte und gleichzeitig die Kosten des direkten Satellitenempfangs durch Haushalte mit ,,Investitionen in Höhe von mehreren Tausend Mark" (BVerfGE 73, 118: 124) überschätzte. Mit der >>81<< Realität hatte das schon in den achtziger Jahren wenig zu tun. Heute ist Satellitenempfang von bis zu 200 europäischen Kanälen durch eine einmalige Investition in Höhe von 100 € möglich, und im Netz der deutschen Telekom können gegen eine monatliche Gebühr von maximal 26,13 DM vierunddreißig Kabelprogramme empfangen werden. Entsprechend hoch ist die tatsächliche Versorgung (1997) der Haushalte mit Programmvielfalt: 53,3 Prozent der deutschen Wohnungen sind an das Kabelnetz angeschlossen, weitere 33,7 Prozent der TV-Haushalte betreiben eine Satellitenempfangsanlage, und nur noch 13 Prozent nutzen ausschließlich den terrestrischen Empfang. (Vgl. Bonin 1997/98; Zimmer 1998: 353)

Auch die inhaltlichen Unterschiede zwischen den privaten und den öffentlich-rechtlichen Programmen sind längst nicht mehr so deutlich. Ricker (1998) weist darauf hin, dass die privaten Programme ,,eine ständige Optimierung der weltanschaulichen Vielfalt" betreiben und ihnen die Rezipienten ,,weitestgehend weltanschauliche Neutralität bescheinigen." Auch eine durch Marktgesetze erzwungene Fixierung der privaten Anbieter auf den Massenmarkt ist nicht mehr feststellbar. Statt dessen betreiben die ,,Privaten" eine zunehmende Zielgruppenorientierung und bieten differenzierte Programmangebote an. Ihre Anreize dazu liegen in der Möglichkeit, mit ,,rezipientenorientierter Werbung" höhere Erlöse je Zuschauerkontakt erzielen zu können. ,,Die deskriptiv zu verstehende Feststellung des BVerfG, wonach der private Rundfunk schon aufgrund seiner Finanzierungsform die Vielfaltsanforderung nicht `in vollem Maß' erfülle, dürfte somit mehr und mehr überholt sein." (Ricker 1998)

Die heutigen Gegebenheiten des Rundfunks unterscheiden sich also grundsätzlich von den Gegebenheiten von 1961, als das Bundesverfassungsgericht begann, die ,,Rundfunkdogmatik" (Bonin 1997/98) zu entwickeln. Entsprechend fordert Bonin (1997/98), das Gericht solle ,,die Realität berücksichtigen und feststellen, daß heute solche Konkurrenz in mindestens mit der Presse vergleichbarer Weise möglich ist." Demnach gibt es auch keine Rechtfertigung mehr für die von Scholz (1996: 83) geforderte Einordnung der öffentlich-rechtlichen Grundversorgung ,,in eine komplementäre und damit auch subsidiäre Rolle", wie Arndt (1996: 104) treffend formuliert: ,,Es gibt auch keine subsidiäre öffentlich-rechtlich finanzierte Presse-Grundversorgung."


2.5.6 Verleiheinrichtungen

Neben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt es öffentliche Bibliotheken als staatliche und damit wettbewerbsfreie Versorgung der Nachfrager mit Medieninhalten. Gemäß Artikel 1 Absatz 3 der EU-Verleih- und Vermietrichtlinie 92/100/EWG wird das von öffentlichen Bibliotheken betriebene ,,Verleihen" vom kommerziellen ,,Vermieten" durch den fehlenden Erwerbs- >>82<< zweck unterschieden. Bedeutsam ist dieser Unterschied, weil die Richtlinie in Artikel 5 den Mitgliedsstaaten freistellt, ,,hinsichtlich des öffentlichen Verleihwesens Ausnahmen von dem ausschließlichen Recht" der Urheber vorzusehen, ,,sofern zumindest die Urheber eine Vergütung für dieses Verleihen erhalten." Das deutsche Recht entspricht dieser Anforderung bereits mit dem 1971 wegen eines Bundesgerichtshofurteils geänderten § 27 Absatz 1 UrhG (vgl. Davies 1994: 124f). Auf dessen Grundlage schlossen die Gebietskörperschaften 1975 mit den Verwertungsgesellschaften42 den ,,Vertrag über die Abgeltung urheberrechtlicher Ansprüche". Ihm gemäß wurden ursprünglich alle Ansprüche der Verwertungsgesellschaften mit jährlich 9 Millionen DM pauschal abgegolten. (vgl. Rechtskommission des Deutschen Bibliotheksinstituts 1992: 433-435) Seit 1996 werden auf der Grundlage einer neuen Vereinbarung 25 Millionen DM (einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer) Vergütung an die Verwertungsgesellschaften gezahlt. (Thoms 1999)

Neben diesen Vergütungszahlungen sorgen die öffentlichen Verleiheinrichtungen selbstverständlich auch durch ihre Erwerbungen für Einnahmen der Urheber. So betrugen 1997 die Gesamtbeschaffungen aller deutschen Bibliotheken immerhin 737,5 Millionen DM (Deutsches Bibliotheksinstitut 1999). Dabei ist zu beachten, dass in der Regel über geschickte Anwendung von Preisdifferenzierung besonders hohe Preise von den Bibliotheken gefordert werden: Zum einen sind Bibliotheken aufgrund der intensiven physischen Beanspruchung der Bücher auf gebundene Werke angewiesen, deren Preise viel höhere Aufschläge zur Deckung der first copy costs enthalten (vgl. 2.4.2). Zum anderen wird von den Bibliotheken vor allem bei wissenschaftlichen Zeitschriftenabonnements ein viel höherer Preis verlangt als von Einzellesern.43

Die Preisdifferenzierung kann ebenso wie die vertraglich vereinbarten Vergütungszahlungen als Kompensation für Einnahmen, welche ohne die öffentliche Bereitstellung der Inhalte am Markt zu erzielen wären, verstanden werden. Allerdings ist zu beachten, dass Bibliotheken durch die Bereitstellung von Medieninhalten auch zusätzliche Einnahmen für die Urheber schaffen: Die Bibliotheksnutzer nutzen die ausgestellten Werke nicht nur, sondern sie kopieren sie zum Teil auch. Die dabei verwendeten Geräte und Trägermedien unterliegen jedoch der Abgabenpflicht nach § 54a Absatz 1 UrhG, so dass auch über diesen Weg Einnahmen der Rechtsinhaber geschaffen werden (vgl. Kapitel 2.5.3). >>83<<


2.5.7 Subventionen und Wettbewerbsbeschränkungen

Für den Bereich der Printmedien sieht sich der deutsche Staat in einer besonderen Verantwortung. Nur so ist ,,institutionelle Funktionsgarantie des Staates" (Heinrich 1994: 192) zu erklären, mit der die Versorgung der Bevölkerung mit vielfältigen und hochwertigen Druckerzeugnissen gesichert werden soll. Die einzelnen Maßnahmen stellen zwar keine direkte Form der Finanzierung von Medieninhalten dar, sollen aber doch die in diesem Sektor möglichen Umsätze steigern.

Als steuerliche Begünstigung des Pressewesens ist zunächst der ermäßigte Mehrwertsteuersatz in Höhe von 7 statt 16 Prozent auf die Verkaufserlöse von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern zu nennen. Zusätzlich profitieren besonders die Buchverlage vom steuerlichen Ausnahmetatbestand der Teilwertabschreibung von Verlagsbeständen, mit welcher bis zu 55 Prozent des Lagerbestands bei der Kalkulation des Betriebsgewinns als Bemessungsgrundlage der Steuerzahlungen unberücksichtigt bleiben.

Als wettbewerbsrechtliche Begünstigungen bestehen in der Bundesrepublik die Erlaubnisse der Gebietsschutzkartelle im Pressegrosso und der Preisbindung im Buchhandel nach § 15 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Von diesen - in der übrigen Wirtschaft als Wettbewerbsbehinderung verbotenen - Vereinbarungen im Verlagswesen verspricht sich der deutsche Gesetzgeber eine besonders hohe Vielfalt an Werken und Händlern sowie die sichere Versorgung ländlicher Gebiete mit Verlagserzeugnissen. Weil damit jedoch der Preiswettbewerb im Buchhandel ausgeschaltet wird, geht die Europäische Kommission davon aus, dass der Verbraucher mit zu hohen Preisen belastet wird. (Vgl. Bundesregierung 1998: 242)

Schwierig einzuschätzen ist der Umfang der Quersubventionierung der Pressepost: Noch 1989 kostete der Postzeitungsdienst in Westdeutschland 1,23 Milliarden DM, erbrachte aber nur 690 Millionen DM Einnahmen (Geretschlaeger und Leinschitz 1993a: 629). Ob der Verlust in Höhe von 540 Millionen DM bis heute wie angestrebt abgebaut werden konnte, ist nicht festzustellen, da die Deutsche Post AG in ihrem Geschäftsbericht keine Kostenaufstellung der einzelnen Geschäftsbereiche angibt (vgl. Deutsche Post AG 1998).44 >>84<<


2.5.8 Exkurs: Inhalteverwertungskaskaden zur Erlössteigerung

Fast alle Medieninhalte, deren Werte nicht von einer hohen Aktualität abhängen, werden im Lauf der Zeit zu unterschiedlichen Konditionen vertrieben: (1) Spielfilme werden zuerst im Kino gezeigt, nach sechs bis zwölf Monaten auf Videokassetten verkauft und verliehen, nach einem weiteren Jahr im Bezahlfernsehen und weitere zehn bis zwölf Monate später schließlich im werbe- oder gebührenfinanzierten Fernsehen gezeigt (Schauz 1997: 56f). (2) Neuerscheinende Bücher werden zuerst in der teuren und gebundenen Ausgabe im Einzelhandel verkauft, erst viele Monate später auch preiswerter als Taschenbuch und im Club-Buchhandel. (3) Neuerscheinende Pop-Musik erscheint zunächst als einzelner Musiktitel auf einer Single, später dann zusammen mit vielen weiteren Titeln derselben Künstler auf einem Longplay-Album oder auf einem Sampler mit populären Stücken anderer Künstler. Nach mehreren erfolgreichen Jahren geben die Musikverleger oft auch ,,Best of . . ."-Sampler heraus, auf denen die besten Musikstücke mehrerer Jahre nochmals und zum Teil sehr preiswert erscheinen. (4) Von vielen Computerprogrammen sind auch noch veraltete Versionen im Handel erhältlich, welche nicht nur billiger sind als die aktuellen Versionen, sondern auch billiger als zu der Zeit, als sie selbst die aktuellste Version waren.

Diese sequentielle Vertriebsweise von Medieninhalten wird als ,,Windowing"-Strategie (Owen und Wildman 1992) bezeichnet; am treffensten wird der Begriff als ,,Kaskadenstrategie" ins Deutsche übersetzt. Mit ihr versuchen die Inhalteanbieter, durch anfänglich hohe Preise die hohe Zahlungsbereitschaft der besonders interessierten Nutzer abzuschöpfen, ohne jedoch auf Dauer auf die Erlöse in jenen Nachfragergruppen verzichten zu müssen, die aufgrund der hohen Preise vom Erwerb ausgeschlossen sein würden. Sie bezahlen später einen geringeren Preis, müssen sich dafür aber auch länger mit der Nutzung gedulden. Zunächst ist diese Preisstrategie eine zeitliche Preisdifferenzierung, welche als ,,Skimming"-Strategie (Schmalen 1995: 129) auch beim Vertrieb neuer Technologien angewendet wird. Bei Medieninhalten geht diese zeitliche Preisdifferenzierung jedoch in der Regel auch mit einer Verschlechterung der Nutzungsqualität einher, was sich in einer objektiven, technischen Verschlechterung (Buchbindung, Bildauflösung und Tonqualität) oder in einer relativen Entwertung (durch überlegene neue Versionen eines Computerprogramms oder Lehrbuchs) zeigt. Kapitel 4.2.3 wird nicht nur detaillierter darstellen, wie eine zeitliche Preisdifferenzierung die Erlöse steigern kann, sondern auch, welchen Beitrag eine Qualitätsdifferenzierung zum selben Ziel liefern kann.

Die Abfolge der einzelnen ,,Verwertungsfenster" oder ,,Verwertungsstufen" einer Kaskadenstrategie hat zum Ziel, möglichst hohe Deckungsbeiträge auf jeder einzelnen Stufe einzunehmen und zugleich die Erlösmöglichkeiten auf nachfolgenden Stufen möglichst wenig einzuschränken. Eine >>85<< Einschränkung der Erlösmöglichkeiten kann durch sogenannte ,,Voraufführungseffekte" (Kruse 1989: 259) geschehen, weil durch die Nutzung auf einer frühen Stufe das Interesse herabgesetzt wird, auf nachfolgenden Stufen einen Inhalt erneut zu konsumieren. Die Preisschritte zwischen jeder Stufe müssen daher hinreichend groß sein, um die Erlöse einer Stufe nicht auf Kosten der Erlöse einer nachfolgenden Stufe zu maximieren. In Bezug auf die Verwertungskaskaden bei Spielfilmen nennen Owen und Wildman (1992: 30) sechs wichtige Faktoren, die zur Profitmaximierung beachtet werden müssen:

    ,,(1) differences in the per viewer price earned in the different distribution channels;
    (2) differences in channels' incremental audiences, by which we mean differences in the number of new viewers they contribute to a program's total audience;
    (3) the interest rate as a measure of the opportunity cost of money;
    (4) the extent to which viewers exposed to a program through one channel are eliminated from its potential audience in other channels;
    (5) differences among channels in their vulnerability to unauthorized copying; and
    (6) the rate at which viewer interest in a program declines following its initial release."

Mit dieser Auflistung tragen Owen und Wildman (1992) auch der Tatsache Rechnung, dass mit einer zeitlichen Verzögerung der Inhalteverwertung auf Zinsgewinne von vorgezogenen Erlösen verzichtet werden muss und zugleich auch der Inhalt an Aktualität und damit oft an Nutzungsqualität einbüßt. Wegen ihrer relativ dauerhaften Aktualität eignen sich Spielfilme daher besonders gut für die Kaskadenstrategie und dominieren das Programm der Bezahlfernsehsender. Eigenproduzierte Talk-Shows werden entsprechend oft unverschlüsselt im Bezahlfernsehen gesendet, weil bei ihnen der Werbeeffekt einer breiten Nutzung viel höher ist als die Erlösminderung bei nachfolgenden Verwertungsstufen - diese gibt es bei Talk-Shows schließlich so gut wie überhaupt nicht.45

Die Windowing-Strategie der Inhalteanbieter erklärt, warum die Preise für den Filmkonsum im Kino, im Videoverleih oder im Bezahlfernsehen viel höher sind, als sie offensichtlich zur Erlösmaximierung der einzelnen Verwertungsstufe sein müssten: Würde man beispielsweise den Preis für den Kinoeintritt so weit senken, dass die produktionskostendeckenden Beiträge aus der Kinoaufführung maximiert würden, so wären automatisch die Deckungsbeiträge aus dem Video-, Bezahlfernsehen- oder ,,Free-TV"-Geschäft so weit >>86<< reduziert, dass die Summe aller Deckungsbeiträge nicht größer, sondern kleiner wäre.

Vor allem in der Geschichte des Spielfilms haben sich die Möglichkeiten zur Erlösmaximierung durch Verwertungskaskaden deutlich und kontinuierlich verbessert. Während zunächst Filme nur im Kino gezeigt werden konnten, kam seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs das Fernsehen hinzu: So schnellte die Zahl der Spielfilmsendetermine im deutschen Fernsehen von 55 im Jahr 1954 über 180 (1964), 729 (1974), 1 526 (1984) und 4 219 (1988) auf 16 972 im Jahr 1997, wobei davon 6 521 Sendeplätze für Wiederholungen waren (Media Perspektiven 1998: 28). Hinzu kamen in den achtziger Jahren zum einen die Verwertungen über den Verkauf und Verleih von Videokassetten, welche seit 1986 die Erlöse der deutschen Filmtheater regelmäßig übertreffen (Media Perspektiven 1998: 63) und zum anderen die Möglichkeiten, im Bezahlfernsehen Zahlungen direkt von besonders zahlungsbereiten Zuschauern zu erheben.

Owen und Wildman (1992) führen verschiedene Beobachtungen auf die Erlössteigerungen durch verbesserte Verwertungskaskaden zurück. Zunächst stellen sie fest, dass es zu unverhofften Gewinnen (,,windfall profits") bereits produzierter Programme kommt, wenn durch neue Verbreitungstechnologien die Möglichkeiten zur Preisdifferenzierung zunehmen. Auch sei die zunehmende Tendenz der großen US-Fernsehstationen (networks) zur Eigenproduktion sogenannter ,,'made-for-television' motion pictures" (Owen und Wildman 1992: 40) mit der Einschränkung der Spielfilmverwertung im werbefinanzierten Fernsehen durch die neu hinzugekommenen Verwertungen am Videomarkt und durch Bezahlfernsehsender zu erklären. Der Grund für die von 1976-1985 erfolgte Aufstockung der Produktionsbudgets pro Film der großen Hollywood-Studios um 122 Prozent könne ebenfalls auf die gestiegenen Erlösmöglichkeiten aufgrund differenzierter Verwertungsmöglichkeiten zurückgeführt werden. (Vgl. Owen und Wildman 1992: 40-45)

Noam (1987: 182) geht davon aus, dass bei zunehmenden Möglichkeiten zum Windowing in Wirklichkeit eine Preisdifferenzierung nach dem Einkommen betrieben werde. Die mit den Erlössteigerungen einhergehenden Produktionsausweitungen würden daher vor allem in jenen inhaltlichen Kategorien betrieben, welche den Präferenzen der höheren Einkommensschichten entsprechen. Da hohes Einkommen mit Präferenzen für ein qualitativ hochwertiges Programm zusammenfalle, stellt Noam (1987: 182) fest: ,,In this media environment, the higher-taste preferences are better served than before, by permitting the superior economic position of their holders to make itself felt." >>87<<

    28 1997 betrugen die Umsätze mit Kaufvideos nur noch 924 Millionen DM (Medienspiegel 1998c: 6).

    29 12,5 Prozent der verkauften Zeitschriften gelangten 1993 über ,,sonstigen Verkauf" an die Leser. Insgesamt wurden jedoch nur 75,1 Prozent der gedruckten Auflage verkauft. Der Rest fand als Remission keine Leser oder kam in Form von Freiexemplaren in Umlauf. Zusammen mit den grundsätzlich unentgeltlich verteilten Anzeigenblättern und Kundenzeitschriften erzielten so 58,5 Prozent aller gedruckten Exemplare überhaupt keinen Erlös. (Heinrich 1994: 295-298)

    30 Musikkonzerte können nicht hinzu gezählt werden, da hier kein beliebig oft reproduzierbarer Medieninhalt vertrieben wird, sondern eine konsumrivale Dienstleistung.

    31 Die Zahl der europäischen Anbieter von pay per view-Fernsehen wächst gegenwärtig sehr schnell: Von 1997 bis 1998 stieg die Zahl der Anbieter von 11 auf 17 und die Zahl der Kanäle von 67 auf 200. Vom Umsatz her dominieren die französischen Anbieter mit drei Vierteln des Gesamtvolumens den europäischen Markt deutlich, absolute Zahlen liegen aber über die Umsätze nicht vor. (Zerdick et al. 1999: 42)

    32 In den USA fehlen zeitliche Beschränkungen der TV-Werbung. Es gab zwar bis 1981 eine freiwillig vereinbarte und von der Federal Communications Commission (FCC) kontrollierte Werbegrenze in Höhe von sechs Minuten pro Stunde prime time, doch musste sie aus kartellrechtlichen Gründen aufgegeben werden. (Vgl. Owen und Wildman 1992: 157)

    33 Die Quellenlage in diesem Bereich ist leider sehr unübersichtlich. Die hier gemachten Angaben sind entnommen aus Media Perspektiven (1998), Heinrich (1994) und ZAW (1998) und können lediglich der Orientierung dienen.

    34 Dies gilt zumindest bei der befragten Nutzergruppe, welche als Videothekenbesucher möglicherweise eine besonders starke Aversion gegen Werbeunterbrechungen haben.

    35 Hüetlin und Schnibben (1995: 109) geben an, dass Werbetreibende einen Zuschauerkontaktpreis von 1,5 Pfennig je Spot bezahlen. Bei 20 Spots mit je dreißig Sekunden Länge erhält der Sender 30 Pfennig pro Zuschauerstunde an Werbeeinnahmen. Für die USA gibt Bonin (1997/98) an, dass ,,selbst Fernsehereignisse der Spitzenklasse wie der `Superbowl' nur Einnahmen von deutlich unter $ 0,50 pro Zuschauer pro Stunde einspielen."

    36 Der Wohlfahrtsverlust, der im Ausschluss der über QW hinausgehenden Zuschauer besteht und in gleicher Form auch bei anderen Finanzierungsformen auftritt, wird in Kapitel 4 ausführlich behandelt.

    37 Auch die USA unterstützen ein Public Broadcasting Services Network aus öffentlichen Mitteln in unbekannter Höhe, doch scheint PBS nur eine sehr geringe wirtschaftliche Bedeutung im Vergleich zum US-Gesamtmarkt zu haben. Es liegen keine Angaben für Mexiko und Luxemburg vor.

    38 Die Werte beziehen sich auf das Jahr 1995, ausländische Werte umgerechnet aus US-Dollar zum Jahresdurchschnitts-Wechselkurs 1 US$=1,43 DM (OECD 1997: 183). Die seit 1997 gültige Rundfunkgebühr wird mit jährlich 339 DM nur noch von wenigen dieser Werte von 1995 überschritten.

    39 ARD, ZDF, ARTE/Kinderkanal, 3SAT, Phoenix, WDR, BR, NDR und MDR

    40 Ein Beleg dafür ist in der Forderung der privaten Rundfunkbetreiber zu sehen, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk jegliche Werbefinanzierung zu untersagen. Besonders heftig wird die von ARD und ZDF geforderte Ausweitung der Werbemöglichkeiten nach 20 Uhr vom Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) angegriffen: In diesem Fall sei mit dem ,,wirtschaftlichen Aus für eine Reihe von privaten Sendern" zu rechnen. (Communications News: 11. März 1998)

    41 Hinzu kommen die vielfachen Möglichkeiten der ARD, auf den Dritten Programmen Sendungen zu wiederholen sowie der Effekt, dass das ARD-Programm als Programm Nr. 1 bei den meisten Fernsehgeräten beim Einschalten empfangen wird. (Vgl. Werner Kaltefleiters Diskussionsbeitrag in Hilterhaus und Scholz 1996: 130)

    42 VG Wort, VG Wissenschaft, GEMA und VG Bild/Kunst

    43 Kapitel 4.2.3 wird diese ,,institutionelle" Preisdifferenzierung ausführlicher darstellen.

    44 Die Einnahmen der Pressepost betrugen 1997 1 492 Millionen DM (Vorjahr 1 481) (Deutsche Post AG 1998: 73), wobei 1996 2 226 Millionen Stück vertrieben wurden (für 1997 geplant: 2 226 Millionen Stück) (Bundesregierung 1998: 90). Die Gesamteinnahmen aus der Briefpost (inklusive Pressepost) betrugen insgesamt 1997 19 757 DM Millionen bei insgesamt 20 023 Millionen gelieferter Poststücke (Deutsche Post AG 1998: 26).

    45 Dass der deutsche Bezahlfernsehsender Premiere regelmäßige Bundesligafußball und Boxwettkämpfe verschlüsselt sendet, liegt an der mutmaßlich besonders geringen Preiselastizität der Nachfrage nach diesen Ereignissen, was wiederum im Bezahlfernsehen zu den höchsten Erlösen führt. Mit einer Verwertungskaskade hat dies an sich nur noch wenig zu tun, da es hier ebenso wie für Talk-Shows so gut wie keine nachfolgende Verwertung gibt.

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